erWARTungEN

„Ich glaub du brauchst dringend ein Blog Gianna. Alles was du mir heut geschrieben hast passt da rein.“
Etwas über einen Monat nach dem Schreiben meines AlmZEIT Textes, häufen sich die Anfragen nach mehr davon. Nach einem Blog, also regelmäßigem Schreiben. Die Resonanz, das Feedback zu meinen wirren Gedanken auf dem Heimweg von Tirol, war großartig. Großartig ja, aber auch beängstigend. Ich schreibe gerne mir fällt es nicht schwer meine Gedanken auf Papier zu bringen. Wenn sie sein dürfen wie sie sind- ungeordnet und ehrlich. Nun warum schreibe ich dann erst jetzt wieder? Weil mit jedem positiven Feedback eurerseits auch die Erwartung an den nächsten Text gestiegen ist.

„…weil Erwartungen an andere häufig zu Enttäuschung führen.“ Deshalb sollte man nichts erwarten. Das lass ich vor einigen Tagen im Blog von Hannes. Jetzt wo ich hier im Wald sitze kam mir dieser Satz in den Kopf und schon wusste ich warum ich noch nicht wieder geschrieben hatte. Da frage ich mich doch gleich, ist es nicht menschlich oder sogar auch hündisch – Erwartungen zu haben?

Jetzt in genau diesem Moment ist Zoe aufgestanden und setzt sich neben mich. Sie legt ihren Kopf auf meinen Schoß, der Block rutscht zur Seite und sie schaut mich mit großen Augen an. Erwartet sie? Was erwartet sie nun von mir? Genau… ich soll sie streicheln, ihr Beachtung schenken. In Gedanken versunken werfe ich ihr einen liebevollen Bick zu, sie versteht – ich möchte weiterschreiben. Wenn ich sie nun ignoriere – enttäusche ich sie dann? Wer will schon seinen Hund enttäuschen?

Ein Pfiff durchkreuzt meine Gedanken, ich bin hellwach, lausche mit meinen Hunden was nun geschieht. Es folgt ein unfreundliches „Maya hier“, ganz klar da ruft jemand den Hund, den wir in der Ferne am Waldrand erblicken. Das Herrchen sehen wir nicht, doch ich kann mir vorstellen dass er gerade in diesem Moment enttäuscht ist. Enttäuscht darüber, dass Maya ungestört im Laub schnüffelt und ihn ignoriert. Sicher hat er erwartet, dass Maya auf seinen Pfiff reagiert. Denn die Enttäuschung liegt als wütender Unterton in seinem erneuten Rufen. Zoe wirkte nicht enttäuscht als sie sich nach meinem Blick wieder in den Schatten eines Baumes legte. Nichthundemenschen werden nun einwenden, dass der Hund ja auch ein Tier sein. Das Hunde nicht dieselben Gefühle, Emotionen wie wir verspüren. Dann lasst euch gesagt sein, meine Hunde sind emotionaler, sensibler als so mancher von uns Zweibeinern. Mit dem Unterschied, dass sie nicht nachtragend und stets positiver denkend sind wie wir. Wenn Zoe abends auf das Sofa möchte, hat sie gelernt zu „fragen“. Sie steht dann davor und legt den Kopf auf, schaut uns mit treuen Augen an. Sie bettelt? Nein sie fragt. Betteln wäre Nörgeln, immer wieder kommen, aufdringlich und uneinsichtig sein.

Also, wenn ich ihre „Frage“ nun nicht mit der gewünschten Erlaubnis beantworte, dreht sie ab. Lässt sich mit einem laufen Mmpfff auf ihre Decke plumpsen. Ich würde sagen da sollen wir ruhig hören, dass ihre Erwartungen an gemütliches Sofakuscheln soeben nicht erfüllt wurden. Sie ist enttäuscht- ist sie das? Ja, aber nicht nachtragend und sie akzeptiert es, so wie es eben ist. Nachher kann man ja nochmal „fragen“. Sie sind uns eben doch einen Schritt voraus im Hier und Jetzt zu leben.

Eine Aussage die zum Almzeittext immer wieder aufkommt „Wenn ich Andre wäre, wäre ich enttäuscht. Er wird ja gar nicht erwähnt und ihm wird nicht richtig gedankt.“ Nur weil ich etwas weglasse, heißt es deshalb nicht, dass es unwichtig ist. Fragt man Andre sagt er „passt schon“. Ich brauchte ihn nicht zu erwähnen weil er weiß wie wichtig er mir ist. Er ist der Mann der immer für mich da ist, der mich kennt. Und eben weil er mich so gut kennt, weiß er dass der AlmZEIT Text nicht um ihn ging. Vielmehr um die Denkprozesse welche auf dem Workshop angeregt wurden. Dass ich ihm meine Hunde, meine Lieblinge, fünf Tage anvertraue ohne Angst und Unbehagen – das ist Vertrauen und mein größtes Kompliment. „Ja trotzdem… der Arme“. ER weiß dass ich ihn liebe und mir in ihm sicher bin. Dafür braucht es keine geschriebenen Liebesbekundungen oder Dankesschreiben. Er hat sowas auch nicht erwartet und war deshalb auch nicht enttäuscht. Im Übrigen, Menschen haben den Hunden etwas voraus, wir können Handys bedienen.

Auf dem Handy lass ich auch den Antrieb für heute. Und so packte ich Block, Stift und meine Hunde um diesen sonnigen Tag in der Natur mit meinen Gedanken zu verbringen. Auf einer Bank auf einer Wiese, schrieb ich drauf los. Ohne die erwartung, dich zu enttäuschen. Themen hatte ich viele im Kopf und dann wurde es ein ganz anderes als gedacht.Über Erwartungen könnte man noch so viel mehr schreiben. Nachdenken. Wir haben Herbst, da erwartet man doch graues, nassen ekliges Regenwetter. Und heute? Sitze ich im T-Shirt auf einer Bank in der Sonne und betrachte eine grüne Wiese. Da wurden doch die Erwartungen an den Herbst, einfach nicht erfüllt… enttäuscht bin ich nicht. Das Wetter kann mich kaum noch enttäuschen, aber dazu später mal mehr.

Auch an meine Hunde habe ich keine Erwartungen, vielleicht ist es dass was unsere Beziehung so leicht macht. Ich habe noch nie darüber nachgedacht, aber Erwartungen habe ich wirklich keine an sie. Ich freue mich vielmehr wenn sie, das was ich ihnen beigebracht habe für mich ausführen. Verärgert haben sie mich schon, aber niemals enttäuscht. Erwartungen führen auch in der Hundeerziehung zu Enttäuschungen. Zu viel wird in der Hundeerziehung für selbstverständlich angesehen. Menschen die erfahren, dass ich eine Hundeschule haben, erwarten sofort dass meine Hunde perfekt erzogen sind. Sollte man von Hundetrainern doch auch erwarten können oder? Erwartungen zu haben ist aber doch auch menschlich und vielleicht hündisch? Auf jeden Fall sind sie in der Beziehung zu unseren Hunden schädlich und führen dazu, dass Menschen sich von ihren Hunden enttäuscht fühlen. Enttäuscht weil sie so viel Zeit und Energie in die Erziehung legen und ihr Hund dennoch macht was er will.

Ich kann euch verraten, meine Hunde sind nicht perfekt. Nicht in jedermanns Augen. Für mich sind sie perfekt, so wie sie sind mit all ihren Unarten. Ich liebe ihre Flausen im Kopf, ihre Diskusionen mit mir, denn so zeigen sie mir ab und zu, dass sie keine Maschinen sind.Deshalb erwarte ich nicht sondern, erfreue mich an allem was sie für mich tun. Tun weil sie Freude daran haben.

Die größte Hürde war es wohl in diesem Monat meine Erwartungen, an mich abzulegen und einfach anzufangen. „Erwartungen sind der Todesstoß aller Freude am Tun.“ Damit Hannes, hast du recht. Die Erwartung an mich, wieder einen Text zu schreiben der gefällt- nahmen mir die Lust am Schreiben. Jetzt schreibe ich, ohne zu Erwarten dass meine Worte gefallen und habe Freude daran!

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